Die Formulierung eines Unterlassungsantrags stellt im Wettbewerbsrecht ein besonderes Problem dar:
- Der Unterlassungsantrag muss bestimmt genug sein, um den Anforderungen des § 253 Abs. 2, Nr. 2 ZPO zu genügen.
- Der Unterlassungsantrag muss das Unlautere an der geschäftlichen Handlung in Wort (und gegebenenfalls Bild) zutreffend erfassen.
- Er darf nichts einschließen, was nicht verboten ist (BGH, Urt. v. 22.1.2014, I ZR 164/12; Tz. 24).
- Er sollte nichts auslassen, was verboten ist.
Das Gericht ist nach § 139 ZPO verpflichtet, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken, d.h. konkrete Bedenken bezüglich eines gestellten Antrags zu äußern und dazu Gelegenheit zu geben, diese Bedenken durch eine geänderte Antragsstellung auszuräumen. Dieser Pflicht kann sich das Gericht nicht dadurch entledigen, dass bereits die gegnerische Partei auf Bedenken hingewiesen hat.
BGH, Urt. v. 4.11.2010, I ZR 118/09, Tz. 17 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker
Die gerichtliche Pflicht, auf sachdienliche Klageanträge hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO), wird nicht durch einen Hinweis des Prozessgegners auf die Unbestimmtheit des Klageantrags ersetzt.
S.a. BGH, Urt. v. 11.2.2021, I ZR 126/19, Tz. 54 – Dr. Z zur Rückverweisung an das Berufungsgericht bei unterbliebenem Hinweis
BGH, Urt. v. 22.7.2021, I ZR 194/20, Tz. 39 - Rundfunkhaftung
Kommen die verbotsbegründenden Umstände in Unterlassungsantrag und -tenor nicht unmittelbar zum Ausdruck, so sind der Antrag und - ihm folgend - der Urteilstenor zur Bestimmung ihrer Bedeutung und Reichweite auszulegen. Dazu ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen, sondern sind ergänzend die Begründung des Unterlassungsbegehrens und die Entscheidungsgründe des Urteils heranzuziehen.
OLG Stuttgart Urteil vom 2.7.2015, 2 U 148/14, Tz. 47f
Für die Auslegung von Prozesserklärungen, mithin auch von Anträgen, ist ebenso wie bei materiell-rechtlichen Willenserklärungen nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Für die Auslegung eines Klageantrags ist daher auch die Klagebegründung heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1997, II ZR 312/96, NJW-RR 1998, 1005). Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2000, VI ZR 172/99, und v. 7.6.2001, I ZR 21/99). Kein Zweifel und damit kein Raum für eine Auslegung besteht, wenn der Wortlaut eines Klageantrages eindeutig ist und nicht aus dem Prozessvortrag zweifelsfrei und offensichtlich erkennbar auf einem Versehen beruht.
Ebenso OLG Brandenburg, Urt. v. 14.6,2022, 6 U 65/21 (GRUR-RR 2022, 542)
BGH, Urt. v. 9.12.2021, I ZR 146/20, LS. b), Tz. 17 - Werbung für Fernbehandlung
Geht ein Unterlassungsantrag über eine zulässige Verallgemeinerung hinaus, kann ein Verbot in Bezug auf die konkrete Werbemaßnahme ausgesprochen werden, wenn der Klage zu entnehmen ist, dass jedenfalls diese untersagt werden soll. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn der Kläger mit einem Insbesondere-Zusatz im Klageantrag zum Ausdruck gebracht hat, dass er jedenfalls die Untersagung der beanstandeten Werbung in ihrer konkreten Ausgestaltung erstrebt.
Zu einem und/oder-Antrag
BGH, Urt. v. 2.6.2022, I ZR 93/21, Rn. 64 f - 7x mehr
Greift eine Klagepartei verschiedene Angaben ... an und nimmt sie verbunden mit "und/oder" in ihren Unterlassungsantrag auf, macht sie durch diese Art der Verbindung in der Regel deutlich, dass sie die einzelnen Angaben nicht nur in ihrer Kombination zur Überprüfung stellt, sondern auch für sich genommen.
Der Klageantrag, in dem mehrere Verletzungsformen durch die Formulierung "und/oder" miteinander verknüpft sind, ist demgemäß dann in vollem Umfang begründet, wenn hinsichtlich aller beanstandeter Verletzungsformen ein Unterlassungsanspruch besteht. Sollte das Berufungsgericht nur in Bezug auf eine der beiden miteinander verbundenen Verletzungsformen einen Unterlassungsanspruch als gegeben ansehen, würde dies nicht eine Abweisung des gesamten Unterlassungsantrags rechtfertigen, sondern nur dessen teilweise Abweisung.